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Wieso evaluieren KMU IT Applikationen strukturiert?

«Wir wissen, welche IT Lösung wir brauchen, eine systematische Evaluation ist Zeitverschwendung – dachten viele KMU».

Oft hören wir von KMU: «Wir kennen unser Geschäft und wissen, welche IT Lösung wir brauchen, eine systematische Evaluation ist nur Zeitverschwendung». Die Geschäftsleitung entscheidet sich kurz und knapp zum Beispiel für ein CRM (Customer Relationship Management) und kauft die entsprechende Software.

Grund für die Anschaffung des CRM ist in unserem Beispiel, aktiver zu verkaufen um 20% mehr Umsatz erzielen. Neu erfassen alle Mitarbeitenden ihre Verkaufsaktivitäten in einer Applikation und dokumentieren diese für den Leiter Verkauf nachvollziehbar.

Was wollen wir mit der Lösung erreichen?

Dient das CRM als Kontroll-Instrument für die Geschäftsleitung? Soll der Verkäufer einen umfassenden Überblick über alle früheren und laufenden Aktivitäten mit einem Kunden haben? Soll der Verkaufsprozess (insbesondere bei kleinen Rechnungsbeträgen) automatisiert und dadurch günstiger werden?

Wir widmen in dieser Blog Reihe einen ganzen Blog Beitrag dem Thema Bedarf erheben. Hier nur so viel: «Wer sein Ziel kennt, findet den Weg» (Laotse).

Wer entwickelt die Lösung?

Bei einem früheren Arbeitgeber hatte ich einen ausgezeichneten CRM Softwareentwickler. Er war zuverlässig, kreativ, fair im Preis, sympathisch, professionell – alles was wir uns wünschten.

Aufgrund einer längeren Krankheit viel er von einem Tag auf den anderen aus. Als Ein-Mann Firma hatte er keine Stellvertretung. Es geht ihm heute zum Glück wieder gut. Wir  brachten die Migration unserer CRM Daten auf eine neue Lösung mit grossem Aufwand erfolgreich über die Bühne. Der Aufwand belief sich auf 20 Tage für Evaluation, Migration, Testen und implementieren. Ein Temporär-Mitarbeiter kostet für diese Aufgabe mindestens 10’000 CHF.

Unsere Empfehlung:

  • Stellen Sie sicher, dass der Hersteller sein Know-how auf mehrere Personen verteilt.
  • Vergewissern Sie sic, dass der Hersteller die kritische Grösse hat. Kann der Hersteller die  Lösung auch langfristig in guter Qualität zur Verfügung zu stellen. Ist beispielsweise die Nachfolge geregelt?
  • Tangiert die Lösung Schweizer Gesetze? Wenn ja: Wo (geographisch) entwickelt der Anbieter und wo ist der Firmensitz? Verstehen die Entwickler und Supporter die speziellen Schweizer Anforderungen?

Stimmt der Service?

Wie häufig eine Applikation genutzt wird realisieren wir oft erst dann, wenn sie einmal nicht läuft. Ob in der Cloud oder auf dem eigenen Server, bei jeder noch so guten Software kann es zu Problemen kommen. Entscheidend ist einerseits, wie häufig es zu Problemen kommt und wie gravierend diese sind. Gute Anhaltspunkte geben Referenzkunden: Wie zufrieden sind sie mit der Lösung, was funktioniert gut, was nicht?

Genauso wichtig ist jedoch, wie der Softwarehersteller auf Probleme reagiert. Informiert er seine Kunden proaktiv? Nimmt er die Kundenanliegen ernst und löst er die Probleme in angemessener Zeit?

Unsere Empfehlung:

  • Referenzen bei bestehenden Kunden einholen: Kritisch hinterfragen, ob der Referenzkunde die gleichen Ziele erreichen möchte mit der Applikation
  • Kennzahlen zur Ausfallhäufigkeit und Dauer erfragen, auf ein Jahr hochrechnen und überlegen, was dieser Ausfall für Sie bedeutet
  • Den Hersteller um Kennzahlen zum Support bitten (zB. Wie lange die Bearbeitungszeit eines Tickets durchschnittlich dauert). Den Support wenn möglich vor der Anschaffung testen.
  • Klären: Habe ich einen Ansprechpartner, wenn die Applikation nicht mehr korrekt funktioniert?

Datenschutz

Das Thema Datenschutz betrifft mich nicht, denken viele kleinere KMU. Was passiert mit Ihrem Unternehmen, wenn morgen das Laufwerk mit allen Daten gelöscht ist? Viele Unternehmen erstellen regelmässig ein Back-up Ihrer Daten. Haben Sie schon einmal geprüft, ob die Daten auf dem Back-Up auch tatsächlich wiederhergestellt (Recovered) werden können?

Welche gesetzlichen Vorschriften bezüglich Datenstandort (z.B. für Personaldaten) müssen Sie erfüllen? Wo liegen die Daten (in der Schweiz, in der EU, in den USA?) und wie werden sie gesichert (oder eben nicht gesichert)? Können sich Ihre Kunden und Mitarbeitenden darauf verlassen, dass die Daten bei Ihnen sicher sind?

Unsere Empfehlung:

  • Datenstandort Schweiz oder EU
  • Die Daten sollten in einem zertifizierten Rechenzentrum gespeichert und an einem zweiten Standort gesichert werden
  • In regelmässigen Abständen testen, ob mit den erstellten Back-Ups die Daten auch tatsächlich wiederhergestellt werden können.

Abhängigkeit vermeiden (Praxisbeispiel für den Einsatz von gratis-Software)

Ein Kunde hat eine funktional einwandfreie, kostengünstige Lösung für E-Mail, Kalender und Dokumentenaustausch evaluiert. Die fehlende Benutzerfreundlichkeit von Kalender und E-Mail konnte via (gratis) Zusatz-Software zu Outlook gelöst werden. Nur leider wurde der Betrieb der Zusatz-Software nach zwei Jahren eingestellt. Die Benutzer-unfreundliche Lösung löst heute keine Begeisterung mehr aus.

KMU IT Lösungen sind meist nicht für die Ewigkeit gemacht. Die Bedürfnisse von Anwendern ändern sich und Technologien veralten. Hersteller stellen den Betrieb einer Software ein oder die Zusammenarbeit mit dem Hersteller läuft nicht zufriedenstellend.

Bestehende Daten können in der Regel in eine Applikation eingelesen werden. Aber wie bekommen Sie diese Daten wieder aus der Applikation raus? Wenn dies nicht ohne grossen Aufwand möglich ist, kommen Sie von einer Applikation später kaum wieder weg.

Unsere Empfehlung:

  • Zusatz Software zur Lösung nur dann einsetzten, wenn der Software Anbieter für eine adäquate Lösung Gewähr bietet
  • Stellen Sie vor Einführung sicher, dass Sie die benötigten Daten auch exportieren und in eine alternative Applikation transferiert können.

Vorsicht bei den Kosten – gleiches mit gleichem vergleichen

Für die meisten Applikationen gibt es günstige oder gratis Basis-Versionen. Viele Nutzer stellen jedoch rasch fest, dass die Basislösung nicht genügt und benötigen immer mehr und mehr zusätzliche Module und Lizenzen.

Bei der Einführung entstehen nicht nur externe Kosten. Die internen Projektmitarbeitenden fehlen oft im Verkauf – und der Umsatz sinkt während längerer Zeit beträchtlich. Diese (so genannten Opportunitäts-) Kosten sollten Sie unbedingt berücksichtigen. Zumindest sollten Sie die direkten Lohnkosten der beteiligten Mitarbeitenden einrechnen. In der Schweiz liegen die durchschnittlichen Arbeitskosten pro Arbeitsstunde bei rund 60 Franken.

Die Kosten für den Betrieb der Lösung berücksichtigen. Auch hier gilt: die internen Mitarbeitenden kosten! Wenn der Betrieb nicht reibungslos läuft, können Mitarbeitende ihre Arbeit nicht erledigen, auch dies kostet viel Geld.

Wie bereits erwähnt, muss jede Software irgendwann einmal abgelöst werden (Dekommissionierung). Mit dem Software Hersteller schon vor der Vertragsunterzeichnung abschätzen, wie gross der Aufwand (und dadurch die Kosten) für eine Ablösung der gewählten Lösung sein wird.

«Vorsicht bei den Kosten – gratis ist nicht immer günstiger»

Unsere Empfehlung:

  • Basierend auf einer fundierten Bedürfnisanalyse und viel Erfahrung die Evaluation der Lösung angehen und gleiche Leistung mit gleichem Preis vergleichen
  • Die Kosten von internen Mitarbeitenden und wenn möglich die Opportunitätskosten bei der Einführung, im Betrieb und bei der Dekommissionierung berücksichtigen
  • Betriebskosten beim Kostenvergleich mitberücksichtigen
  • Die Kosten für die Ausserbetriebsetzung mitberücksichtigen

Vertrag und Service Level Agreements (SLA)

Nicht jede mögliche Situation kann in einem Vertrag geregelt werden. Um es in Schillers Worten auszurücken: Drum prüfe, wer sich (…) bindet. Gegenseitiges Vertrauen und Wertschätzung sind ein wichtiger Bestandteil einer funktionierenden Geschäftsbeziehung.

Je klarer Sie Ihre Bedürfnisse (Anforderungen) formulieren können, umso eher finden Sie den richtigen Software Lieferanten. Dennoch: Viele KMU schliessen selten Software Verträge ab und verfügen deshalb nicht über die nötige Erfahrung, um Stolpersteine zu erkennen. Für ein paar Franken mehr unterstützt Sie ein Spezialist bei der Prüfung von Verträgen und Service Level Agreements.

Unsere Empfehlung:

  • Eigene Anforderungen an die Software und den Lieferanten schriftlich formulieren und priorisieren
  • Verträge so einfach wie möglich gestalten
  • Den Vertrag mit einem Experten auf Stolpersteine prüfen

Kontaktieren Sie uns

Hier finden Sie weitere Informationen zu unserem Angebot bezüglich KMU IT Projektleitung.

Kontaktieren Sie Francesco Milazzo für eine persönliche Beratung.
email: francesco.milazzo@qds-now.ch
Telefon: +41 41 541 08 88